Whistleblower in Sachen Kanal
Günther Göttling möchte mit der Internetseite NOK21.de aufrütteln, damit die Politik notwendige Investitionen nicht auf die lange Bank schiebt
Brunsbüttel
Er ist Schleusenmeister in Brunsbüttel, teilt in Zusammenarbeit mit der Kanalsteuerung die Passagen von Schiffen durch die Brunsbütteler Schleusen ein: Günther Göttling. Seit einiger Zeit befasst sich der 57-jährige Itzehoer auch in seiner Freizeit sehr intensiv mit dem Nord-Ostsee-Kanal. Göttling betreibt die Internetseite NOK21.de. Dort stellt er alles ins Netz, was sich mit dem Schiffsaufkommen in der weltweit am stärksten befahrenen Wasserstraße befasst, mit Kritik am schleppenden Ausbau oder mit Aussagen der Politik zur Entwicklung im Kanal. „Der Grundgedanke von NOK21.de ist es, den Kanal vom 19. ins 21. Jahrhundert zu bringen“, sagt Göttling. Dass die Namenswahl seiner Internetseite stark an das inzwischen negativ besetzte Bahnprojekt „Stuttgart 21“ erinnert, hatte der 57-Jährige durchaus im Hinterkopf, als er vor einem halben Jahr seine Seite aufmachte: „Ich mag Stutgart 21 nicht.“ Denn, so Göttling: „Da werden 3,5 Milliarden in einen Provinzbahnhof gesteckt und wir brauchen hier 750 Millionen für Kanalausbau und Elbvertiefung.“ Damit nicht genug: Weder CDU in Schleswig-Holstein noch SPD als Hamburger Regierungspartei machten sich für „ihren“ Kanal stark. Und auch „der Kumbartzky hat sich nicht zu Wort gemeldet“, kritisiert er den Brunsbütteler FDP-Landtagsabgeordneten Oliver Kumbartzky. Kämpferische Worte des Schleusenmeisters, der aber seinen Arbeitgeber, das Wasser- und Schifffahrtsamt, in gewisser Weise hinter sich weiß. Schließlich, so der gelernte Kapitän, arbeite er ja nicht gegen das WSA. Vor allem aber: „Ich verbreite keine Interna auf meiner Homepage.“ Die sei inhaltlich zusammengetragen aus Veröffentlichungen zum Kanal. „Ich sehe mich ein wenig als Whistleblower“, sagt Günther Göttling über seine Mission. Das heißt, er möchte gezielt auf Missstände hinweisen. Als Beispiel führt er den jüngsten Schleusenausfall an. Erst am vergangenen Freitag wurde die große Südschleuse wieder provisorisch in Betrieb genommen, nachdem sie eine Woche zuvor mit einem Schaden im Antriebsbereich ausgefallen war. „Hier muss eine 100 Jahre alte Infrastruktur dringend gewartet werden“, weiß Göttling. Umfassend, da sind sich Fachleute einig, wird dies erst möglich sein, wenn die fünfte Kammer gebaut wird. Doch das hat inzwischen nicht mehr Priorität im Bundesverkehrsministerium. Göttling hat deshalb bereits an Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer geschrieben. So, wie er auch an andere Politiker schreibt, zu denen er Kontakt bekommt. Dabei helfe ihm auch das soziale Netzwerk Facebook, erzählt der umtriebige Itzehoer. „Man stelle sich vor, beide großen Schleusen fallen aus und große Schiffe kommen nicht mehr durch. Dann sind wir in aller Welt blamiert“, ärgert er sich über die gefühlt ungerechte Geldverteilung bei bedeutenden Verkehrsprojekte