Alles fest im Griff: Wer sich für eine Bordausbildung entscheidet, für den kann der Kapitän der Traumberuf sein, Foto: Arndt
Maritime Wirtschaft
„Wir brauchen Jahrzehnte der Ausbildung“
28. September 2023
Für den Verband Deutscher Reeder (VDR) war es richtig, das Jahr 2023 zum „Jahr der Ausbildung“ zu erheben. Das auch mit der klaren Botschaft an die breitere Öffentlichkeit, klarzustellen, welch hohen Stellenwert die Aus- und auch Weiterbildung des maritimen Fachpersonals für die deutsche Seeschifffahrtsbranche hat.
Das stellte Dr. Gaby Bornheim, VDR-Vorsitzende, jetzt auf einem Fachvortrag im Hafen-Klub Hamburg heraus, der unter der Überschrift „Zeitenwende in der deutschen Seeschifffahrt“ stand. Darin streifte die Verbands-Chefin verschiedene Aspekte, die nach ihrer Überzeugung von besonderer Relevanz für die nationale maritime Wirtschaft sind.
Das Postulat „Jahr der Ausbildung“ dürfe allerdings nicht so verstanden werden, dass über 2023 hinaus die Nachwuchsentwicklung an Relevanz verliere. Bornheim: „Das Gegenteil ist der Fall. Wir brauchen auch für unsere Industrie im Grunde genommen, Jahrzehnte der Ausbildung‘.“ In den zurückliegenden Monaten habe der VDR jedenfalls verschiedene Veranstaltungen und Plattformen dazu genutzt, um aktiv die Werbetrommel gerade gegenüber jungen Menschen zu rühren, ihrerseits eine Grundsatzentscheidung zugunsten einer Ausbildung in der maritimen Wirtschaft zu treffen. Der vorläufige Höhepunkt dieses Marketings in eigener Sache stellte für den VDR ein hochkarätig besetztes, ganztägiges Ausbildungsforum im Vorfeld der 13. Nationalen Maritimen Konferenz (NKM) dar, das ebenfalls in Bremen stattfand (der THB berichtete). Bornheim beschrieb die gut besuchte Veranstaltung, in deren Handlungsmittelpunkt ganz bewusst junge Menschen gestellt wurden, als erfolgreich dar. Aus dem Kreis dieser für den Reederverband hochrelevanten Zielgruppe kamen dabei zahlreiche „ganz erstaunliche“ (O-Ton) Hinweise, Empfehlungen und auch konkrete Vorschläge. Alles mit dem Ziel, künftig noch präziser für eine Berufsausbildung in der Schifffahrt zu werben.
Ein Hinweis, der die VDR-Vertreter nicht nur überraschte, sondern auch verärgerte, lautete: Bei der Agentur für Arbeit, die ja auch Berufsberatung betreiben soll, ist, so der Eindruck der Jugendlichen auf der Tagung, bislang nur wenig Konkretes zu den unterschiedlichen Berufsbildern in der maritimen Branche bekannt. Dem werde der VDR nachgehhen und gemeinsam mit der Arbeitsverwaltung nach Lösungen suchen. EHA
Maritime Wirtschaft
Artikel
von Eckhard-Herbert Arndt
Kontakt
Teilen
Drucken
Wenn Detlef Wittmüß von seinem Büro in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) auf den Nord-Ostsee-Kanal blickt, dann scheint auf den ersten Blick alles wie immer: Geschäftiges Treiben auf dem Wasser, Schüttgutfrachter, daneben ein paar Segelschiffe, und durch die Schleuse kommt gerade ein Containerschiff. Doch bei genauem Hinschauen zeigen sich die ersten Anzeichen, dass eben doch nicht alles so gut ist: Es ist beispielsweise nur eine Fähre unterwegs, die die Menschen von der Nordseite auf die Südseite des Kanals bringt – Personalmangel. Detlef Wittmüß ist Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Nord-Ostsee-Kanal. Er muss berufsbedingt einen guten Blick auf den Kanal haben, nicht nur aus seinem Bürofenster. Und genau das ist für den Amtsleiter aktuell eine große Herausforderung, denn die Baustellen, die seine Aufmerksamkeit fordern sind zahlreich. Aktuell hat Detlef Wittmüß mehr als 100 Einzelbaustellen zu verantworten – zum Beispiel die der Böschungssanierungen.
Wir haben ungefähr 100 Böschungsschäden am Nord-Ostsee-Kanal, die uns derzeit Sorgen bereiten. Detlef Wittmüß, Amtsleiter WSA
Zäune, Bagger und Baustellen ohne Ende
Ein Schwimmbagger verlegt Wassersteine im NOK. © NDR
Ein Bagger verlegt tonnenweise Wassersteine. Sie sollen einen Schutzwall für die spätere Stabilisierung des Ufers bilden.
Ein Zaun versperrt den Weg entlang des Kanals bei Hochdonn, der besonders in den Sommermonaten von Radtouristen aus ganz Deutschland genutzt wird. Am Rand des Kanals auf dem Wasser: ein Bagger, der tonnenweise Steine in den Kanal kippt. Hier wird die Uferböschung saniert, in dem Wassersteine verlegt werden, quasi als Schutzwall für die spätere Stabilisierung des Ufers. Vor etwa einem Jahr, im Juli 2022, haben Mitarbeiter des WSA bei Kontrolluntersuchungen Schäden am Nord-Ostsee-Kanal festgestellt. Ganze Böschungsabschnitte drohen ins Wasser zu rutschen – an insgesamt gut 100 Stellen, hauptsächlich auf der Weststrecke zwischen Brunsbüttel und Breiholz. Deshalb ist nun der Bagger im Einsatz. „Ich gehe davon aus, dass es wirklich eine ganze Zeit dauern wird, bis wir mit dieser Sanierung durch sind. Wir werden so etwas in einer Größenordnung von zehn Jahren auf jeden Fall brauchen“, sagt der Amtsleiter.
Dieses Element liegt auf Servern von Datawrapper.de. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.
Diese 100 Baustellen an den Böschungen kann er nicht einfach so sanieren lassen. Zunächst muss auch dieses Projekt genehmigt werden. Gut ein Jahr hat es also gedauert, seit sein Amt die Schäden festgestellt hat und es die ersten Probesanierungen gab. Das WSA ist eine Bundesbehörde. Und genau hier liegt auch das Problem, sagt der Amtsleiter: „Das bedeutet, man muss Papier machen, das begründen, eine technische Planung vorlegen, was man vorhat. Keiner gibt ihnen Geld, wenn sie sagen, ich brauche viel Geld für irgendwas. Sondern sie müssen das schon genau planen und genau das haben wir in den vergangenen Monaten getan.“ Erst dann habe man seitens des Bundeverkehrsministeriums erkannt, dass es eine ernste Situation sei. Das Geld wurde nun auch bewilligt.
Zehn Jahre, bis Böschung saniert ist
Es ist ein glücklicher Zufall, dass in diesem Planungszeitraum zwischen Juli 2022 und August 2023 nichts passiert ist – denn wäre die Böschung wirklich abgerutscht, hätte es zur Sperrung des Kanals kommen können, sagt Detlef Wittmüß. Eine Vollsperrung des Kanals – nach der zweiwöchigen Sperrung durch den Ölunfall im Brunsbütteler Binnenhafen – sie hätte fatale Wirkungen auf das ohnehin angeschlagene Image des Kanals gehabt. Aber auch die direkten, unmittelbaren Folgen der beschädigten Böschung wirken sich bereits auf den Schiffsverkehr aus.
Verschärftes Tempolimit auf dem Kanal
Ein rot-weißes Frachtschiff fährt über den Nord-Ostsee-Kanal. © NDR Foto: Laura Albus
Um den Zustand der Böschungen nicht noch zu verschlechten, gilt mittlerweile ein Tempolimit von 12 km/h auf dem Kanal.
Auf der etwa 100 Kilometer langen Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal durften die großen Containerschiffe bisher mit 15 Stundenkilometern fahren. Etwa acht Stunden also dauerte es von der Nordsee in Brunsbüttel bis zur Ostsee in Kiel. Aufgrund der Böschungsschäden hat Detlef Wittmüß eine Drosselung der Geschwindigkeit veranlasst. Nun dürfen die Schiffe den Kanal nur noch mit zwölf Stundenkilometern passieren. Der Grund dafür liegt unter der Wasseroberfläche und ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen: Die Schiffe verdrängen das Wasser, verursachen Verwirbelungen – und sorgen so Stück für Stück, Schiffspassage für Schiffspassage, dafür, dass die Uferböschung unterspült wird.
Die Hochbrücke Rendsburg ist fast fertig gebaut. © Landesarchiv Schleswig-Holstein LASH LSH_Abt. 548.3 Nr. 3213(1)
Jahrhundertbau Nord-Ostsee-Kanal
Mit dem Nord-Ostsee-Kanal errichten Ingenieure und Arbeiter innerhalb von acht Jahren ein Jahrhundertbauwerk. Ein Dossier.
Vor 25 Jahren erste Untersuchungen zu Böschungszustand
Doch die Geschwindigkeitsdrosselung sorgt nicht nur einfach für eine längere Fahrtzeit. Auch für die Lotsen und Steuerer, die während der Passage zwingend mit an Bord sein müssen, verlängern sich die Arbeitszeiten deutlich und das sorgt für eine Verschärfung der ohnehin engen Personalsituation. Doch das Problem ist nicht neu. Bereits 1997 gab es eine Untersuchung, wie sich immer größere Schiffe auf die Böschung auswirken. 2007 waren sie sogar mit Peilungsschiffen unterwegs, um die Böschung zu untersuchen. Es sind also eigentlich alle Informationen vorhanden. Nur werden die nicht zentral erfasst, versickern offenbar im komplizierten Verwaltungssystem.
Wird die Sanierung irgendwann fertig?
Selbst Detlef Wittmüß muss schmunzeln, als er die Behördenstruktur erläutert: „Die Wasserstraßen und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist eine dreistufige Bundesverwaltung. Als oberste Bundesbehörde haben wir das Bundesverkehrsministerium.“ Als Mittelbehörde gebe es die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. „Und dann gibt es die Ortsbehörden wie die Wasserstraßen und Schifffahrtsämter.“ Doch in der Argumentation, warum erst jetzt gehandelt wird, verweist der Amtsleiter auf Berlin: „Letzten Endes geben die uns das Geld und wir setzen um.“ Am Nord-Ostsee-Kanal ist allen klar, dass die Wasserstraße saniert werden muss. Nur: Dass der Kanal jemals fertig ist – daran glaubt selbst der Amtsleiter nicht.
Lotsin Miriam Schlüter steht auf ihrem Schiff © NDR Foto: NDR Screenshots
Erste Lotsin auf dem NOK: „Eisbrecher für andere Frauen“
Als Kind hat Miriam Schlüter die Schiffe auf dem Nord-Ostsee-Kanal beobachtet. Jetzt ist sie die erste Lotsin dort.
Der Findling wurde vom Bagger „Löwe“ ausgegraben. © Landesarchiv Schleswig-Holstein LASH 99_V_518, Abt. 2003.8 Nr. 344
Nord-Ostsee-Kanal: Chronik einer Wasserstraße
Der Nord-Ostsee-Kanal gilt als Prestige-Bau des Deutschen Reiches. Heute ist er die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt.
Zwei Schiffe durchqueren den Nord-Ostsee-Kanal © Heiko Schwarze Foto: Heiko Schwarze
Schäden am Nord-Ostsee-Kanal: Löcher in der Böschung
Der Kanal droht an Dutzenden Stellen an den Böschungen wegzubrechen. Arbeiter haben dies bei Kontrolluntersuchungen festgestellt. (7.7.2022)
Bund baut für 16 Millionen Euro neues Schifffahrtsamt am Nord-Ostsee-Kanal
Henning Baethge/shz.de
30. August 2023 Kiel
Zuletzt aktualisiert um: 10:21 Uhr
Teilen
Im Jahr 2015 modernisiert und erweitert – doch jetzt soll ein Neubau her: Das Wasser- und Schifffahrtsamt in Kiel-Holtenau.
Foto: WSA NOK/shz.de
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Audio Player
00:00
02:02
Use Up/Down Arrow keys to increase or decrease volume.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing will auf der Schleuseninsel in Kiel-Holtenau ein neues Gebäude für sein Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt errichten lassen. Warum er das plant – und was die Kanalwirtschaft dazu sagt.
Erst vor acht Jahren ist das Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) auf der Schleuseninsel in Kiel-Holtenau für 5 Millionen Euro umfassend modernisiert und erweitert worden – doch nun will Bundesverkehrsminister Volker Wissing für 15,6 Millionen Euro direkt daneben ein ganz neues Gebäude für seine Behörde errichten lassen. Das geht aus dem Etatentwurf des FDP-Ministers für 2024 hervor.
Aus dem früheren Wasser- und Schifffahrtsamt Kiel-Holtenau ist inzwischen eine Außenstelle des WSA Nord-Ostsee-Kanal geworden, das einen zweiten Sitz in Brunsbüttel hat. Die Kieler Teile dieses Amts will Wissing nun ebenso in dem neuen Gebäude unterbringen wie Teile des Wasserstraßen-Neubauamts Nord-Ostsee-Kanal, das ebenfalls auf Kiel und Brunsbüttel verteilt ist. Auch die Fachgruppe Nachrichtentechnik der Schifffahrtsverwaltung soll hier einziehen.
Bau soll 2025 beginnen und zwei Jahre später fertig sein
Der Neubau soll voraussichtlich 2025 in Bau gehen und zwei Jahre später fertig sein. „Das bestehende, sanierte und erweiterte Gebäude hat keine räumlichen Kapazitäten, um diese Nutzungen aufzunehmen“, begründet eine Sprecherin von Wissings Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt die Neubaupläne. Was mit dem alten Gebäude passiert, sei noch offen. „Es wird eine Umnutzung unter wirtschaftlichen Aspekten geprüft“, sagt die Sprecherin.
Kritik: „Für den Kanal sind andere Dinge wichtiger“
Bei den Nutzern des Kanals stoßen die millionenschweren Neubaupläne auf mäßige Begeisterung. „Für den Nord-Ostsee-Kanal sind andere Dinge wichtiger als ein neues Gebäude“, meint Jens-Broder Knudsen, Chef der Initiative Kiel Canal. „Aber wenn es die Arbeitsplätze am Nord-Ostsee-Kanal attraktiver macht, habe ich nichts dagegen.“ In der Kanalverwaltung herrscht seit längerem Mangel an Fachpersonal.
Mehr lesen
Die Verkehrspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion stellen sich in einem Positionspapier klar hinter den Verkehrsträger Wasserstraße und die gesamte maritime Wirtschaft. Zu dem Papier mit dem Titel „Respekt für Beschäftigte. Geschwindigkeit für Infrastruktur“, sagte der zuständige Berichterstatter Mathias Stein, dass die über Wasserstraßen stattfindenden Transporte von Waren für den Industriestandort systemrelevant sind. Allerdings seien in den vergangenen Jahren durch Niedrigwasserperioden Versorgungsengpässe und immense wirtschaftliche Schäden entstanden. Deswegen müssten neben Brücken und Gleisen auch die Wasserstraßen schneller modernisiert werden, um der Industrie bessere Standortbedingungen zu verschaffen. Stein: „Als SPD-Bundestagsfraktion setzen wir uns für einen Dreiklang aus steigender Finanzierung der Wasserstraßen-Infrastruktur, besserem Personalmanagement der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung sowie flexibleren Behördenstrukturen ein“.
Ein sehr guter Schritt dafür sei der Entwurf für den Bundeshaushalt 2024, der trotz allgemeinen Einsparungen einen Aufwuchs der Haushaltsmittel für die Bundeswasserstraßen um 417 Millionen Euro vorsieht. „Zusätzlich brauchen wir dringend einen Mentalitätswandel in unseren Behörden, hin zu mehr Pragmatismus, Geschwindigkeit und einer Ermöglichungskultur.“ Als Beispiel nennt das von Stein und seinen Fraktionsmitgliedern verfasste Papier die Entwicklung einer eigenen Personalentwicklungsstrategie der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung nach dem Vorbild der österreichischen Viadonau mit horizontalen und vertikalen Laufbahnen, Karenzmanagement, Gesundheitsvorsorge und einem ständigen Weiterbildungsangebot für alle Beschäftigten. Jeder und jedem Beschäftigten in der WSV solle ein Angebot der personellen Entwicklung gegeben werden.
Ferner soll der Arbeit der WSV und deren Beschäftigten mehr Respekt durch Investitionen und Werbung innerhalb und außerhalb der WSV in Richtung Ausbildung und (dualem) Studium verschafft werden. Dies könne etwa dadurch erreicht werden, dass alle verfügbaren Stellen des Studiengangs Bauingenieurwesen an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg ausgenutzt werden und duale Studienangebote Ausbildungsplätze attraktiver machen. (jpn)
Dieser Artikel erschien im BM – Das Magazin für Beamtinnen und Beamte des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), in der Ausgabe 3/2023. Mehr Informationen über das Magazin findest du hier.
Ampel will Abwärtstrend der maritimen Wirtschaft stoppen
SPD, Grüne und FDP haben eine Wasserwirtschafts-Strategie mit 66 Maßnahmen beschlossen. Die maritime Wirtschaft soll wieder souverän werden – dank einer neuen Rolle des Staates.
Daniel Delhaes
Julian Olk
05.07.2023 – 16:30 Uhr Kommentieren
Die Aufträge in den deutschen Werften gehen zurück. Quelle: imago stock&people
Kreuzfahrtschiff Queen Mary 2 im Trockendock von Blohm und Voss in Hamburg
Die Aufträge in den deutschen Werften gehen zurück.
(Foto: imago stock&people)
Berlin Mit einem 66 Punkte umfassenden Maßnahmenpaket will die Ampelkoalition der Sorge entgegentreten, dass die zunehmende Dominanz asiatischer Staaten beim Schiffsbau, in der Wasserstraßen-Infrastruktur und bei Energietransporten über das Meer die deutsche Wirtschaft in neue Abhängigkeiten bringt. Deshalb will sie die heimische maritime Wirtschaft stärken und in die Lage versetzen, bei der Energiewende eine entscheidende Rolle zu spielen.
Geht es nach SPD, Grünen und FDP, dann soll der Staat zentraler Akteur bei der Ertüchtigung der maritimen Wirtschaft werden. So steht es in einem Antrag, den die Fraktionen am Dienstagabend beschlossen haben. Das Papier liegt dem Handelsblatt vor. „Der Antrag ist ein ambitionierter Auftrag an die Bundesregierung“, sagte Felix Banaszak von den Grünen.
Die Ampel schlägt unter anderem vor, eine „klimaneutrale Bundesflotte“ aufzubauen. Die Bestellungen sollen helfen, die Transformation im Schiffbau voranzutreiben. International will sich die Ampelkoalition dafür einsetzen, dass die Schifffahrt bis 2050 klimaneutral wird. Vermutlich wird dies mit Wasserstoff geschehen. Bisher sind alternative Antriebe sehr teuer, weshalb der Umstieg kaum erfolgt.
Werften: Energiewende birgt Billionen-Potenzial
BDB: Zusammenarbeit mit Ingenieurverband Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung
Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) und der Ingenieurverband Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung e.V. (IWSV) haben eine engere Zusammenarbeit vereinbart – auf der Grundlage einer gegenseitigen Mitgliedschaft.
Die Kooperation soll zur Stärkung von Wasserstraßen und Schifffahrt dienen, so die beiden Verbände. (Foto: Bundesanstalt für Wasserbau)
Die Kooperation soll zur Stärkung von Wasserstraßen und Schifffahrt dienen, so die beiden Verbände. (Foto: Bundesanstalt für Wasserbau)
08.08.2023
Anna Barbara Brüggmann
Beim Ingenieurverband Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung e.V. (IWSV) handelt es sich um einen Zusammenschluss von rund 1.000 Ingenieurinnen und Ingenieuren, vor allem aus der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV), dem Bundesverkehrsministerium und seinen Oberbehörden mit Bezug zu Schifffahrt und Wasserstraßen, Länderverwaltungen und Kommunen.
Zu den Zielen des Verbandes gehört laut eigenen Angaben unter anderem der Erfahrungsaustausch bei der Aufgabenerledigung zur Verbesserung der Verfügbarkeit der Wasserstraßen als Verkehrsweg. Nun wurde gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) eine wechselseitige Mitgliedschaft von BDB und IWSV zur Stärkung von Wasserstraßen und Schifffahrt vereinbart.
In diesem Rahmen erfolgte die Aufnahme des IWSV im BDB. Der BDB ist umgekehrt nun Mitglied im IWSV, genauer gesagt in der Bezirksgruppe West.
Ziel sei, die Arbeitsweise in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) noch effizienter zu gestalten und die Finanz- und Personalausstattung der Behörde zu verbessern.
Weiterführende Inhalte
Flussausbau: BDB spricht von einem Versagen des Bundes
„Wir als Kunden der WSV unterstützen die rund 12.000 Beschäftigten bei der Wahrnehmung ihrer vielfältigen Aufgaben“, so BDB-Präsident Martin Staats (MSG), und ergänzt: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung wissen, was wirklich nötig ist, um die Prozesse innerhalb der Verwaltung zu optimieren, damit die für die Binnenschifffahrt so wichtigen Wasserstraßenprojekte in Zukunft schneller geplant und umgesetzt werden können – und zwar ohne, dass die hoheitliche Aufgabenwahrnehmung in Frage gestellt wird.“
Stefanie von Einem, Bundesvorsitzende des IWSV, zufolge freue man sich auf die Zusammenarbeit mit dem BDB, der die Interessen der gewerblichen Güter- und Fahrgastschifffahrt vertrete. Man verstehe die Binnenschifffahrtsunternehmen als wichtige Ansprechpartner für Fragen rund um die notwendige Weiterentwicklung des Wasserstraßennetzes.
„Gemeinsam mit dem BDB wollen wir Möglichkeiten ausloten, um die Aufgabenwahrnehmung sowie die Finanz- und Personalausstattung innerhalb der WSV weiter zu verbessern. Uns eint das gemeinsame Ziel, die Wasserstraßen als zuverlässige Verkehrswege für die Schifffahrt zu erhalten, bedarfsgerecht auszubauen und so noch mehr Güter auf das Wasser zu verlagern“, erklärt von Einem.
Die maritime Wirtschaft in Deutschland hat sich gewandelt. Inzwischen dominieren Zukunftsängste. Viele Werften fielen in den vergangenen Jahren mehr durch existenzbedrohende Finanzprobleme als durch neue Großaufträge auf. Nach Angaben des Verbands Schiffbau und Meerestechnik (VSM) ging im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte aller Aufträge für zivile Schiffe nach China. Weitere fast 40 Prozent der Aufträge erhielten Werften in Südkorea. Damit steigt die Abhängigkeit der europäischen Schifffahrt.
Themen des Artikels
Schifffahrt
FDP
Wirtschaftspolitik
Russland
Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA)
Den Abwärtstrend will die Regierungskoalition stoppen. „Wir wollen möglichst viel heimische Wertschöpfung bei uns im Land halten“, sagte Dieter Janecek (Grüne), maritimer Koordinator der Bundesregierung, dem Handelsblatt. Schließlich gibt es in den kommenden Jahren viel Geld im Bereich Energie zu verdienen: So rechnet die Bundesregierung damit, dass in den nächsten zwei Jahrzehnten mehr als 400 Gigawatt Offshore-Windleistung in Nord- und Ostsee in Europa installiert werden. „Damit verbunden ist ein gigantisches Investitionsvolumen von bis zu einer Billion Euro“, sagte Janecek.
Auch die deutschen Häfen liegen im internationalen Vergleich zurück. Quelle: IMAGO/Nikito
Containerschiff kommt im Hamburger Hafen an
Auch die deutschen Häfen liegen im internationalen Vergleich zurück.
(Foto: IMAGO/Nikito)
So gilt es, etwa riesige „Konverterplattformen“ auf dem Meer zu fertigen. „Wir wollen möglichst viel heimische Wertschöpfung bei uns im Land halten“, sagte Janecek. In Deutschland liegt das gesetzlich festgelegte Ausbauziel für die Offshore-Windenergie bei 40 Gigawatt bis 2035. Bereits ausgewiesen sind Flächen in Nord- und Ostsee für bis zu 36,5 Gigawatt an neuer Leistung. Die Ampel will nun noch mehr Tempo machen und weitere Flächen für zehn Gigawatt Leistung ausweisen.
Häfen: Gegen den Abwärtstrend
Neben der Schiffsindustrie nimmt die Koalition auch die Häfen in den Blick. Zuletzt hatten die Parteien heftig gestritten, ob – angesichts der neuen geopolitischen Lage – die chinesische Staatsreederei Cosco sich an einem Terminal im Hamburger Hafen beteiligen sollte.
>> Lesen Sie hier: Bundesregierung erlaubt chinesischer Reederei Cosco Beteiligung an Hamburger Terminal
Viele Häfen gelten als kritische Infrastruktur. Ebenso hat sich gezeigt, dass sie wichtig sind, um das Land mit Energie zu versorgen. So wurden Schiffe für Flüssiggas-Transporte (LNG) gechartert, um russische Gaslieferungen zu ersetzen. Ebenso entstanden rasch erste Terminals.
Die Fraktionen schlagen vor, an den deutschen Häfen dauerhaft die notwendige Infrastruktur zu schaffen, um Gas, Wasserstoff und andere Energieträger zu importieren und zu lagern. „Unsere Häfen können die Drehscheiben eines erneuerbaren Energiesystems werden“, sagte Banaszak.
>> Lesen Sie hier: CDU und CSU wollen die Schiffsproduktion in Europa schützen
Den Bau will die Koalition finanziell fördern. „Unser Antrag ist der Startschuss, um die politischen Rahmenbedingungen an die neue Lage in der Welt anzupassen“, erklärte Hagen Reinhold, maritimer Sprecher der FDP.
Die Häfen benötigen neuen Schwung. Die deutschen Seehäfen – allen voran Hamburg – verlieren zunehmend Marktanteile an die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen. Auch die polnischen Häfen und jene im Mittelmeer machen den heimischen Seehäfen zu schaffen.
2022 sank hierzulande der Güterumschlag mit insgesamt 279,1 Millionen Tonnen um 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, die Häfen schlugen 6,3 Prozent weniger Container um. Gemessen am Vorkrisenniveau des Jahres 2019 war die Tonnage um 4,9 Prozent rückläufig. Insbesondere die fehlenden russischen Schiffstransporte über die Ostsee treffen die deutschen Häfen.
Sicherheit: Einrichtung einer gesamtdeutschen Küstenwache
Neben Faktoren rund um die Wirtschaftssicherheit geht es im Antrag der Ampel auch um die Frage, wie sie die Sicherheit in der maritimen Infrastruktur gewährleisten kann. Seit den Anschlägen auf die Nord-Stream-Gaspipelines besteht die Sorge, dass es weitere Anschläge auf andere Pipelines geben könnte, was die hiesige Energieversorgung gefährden würde.
>> Lesen Sie hier: Drei Reeder-Kartelle verdienen Milliarden an Lieferengpässen – und die EU schaut zu
Deshalb schlägt die Ampel vor, eine „Deutsche Küstenwache“ zu schaffen. Darin würden die Einheiten von Bund und Küstenländern zusammengeführt. Zudem müsse der Schutz maritimer kritischer Infrastrukturen behördenübergreifend organisiert werden, etwa im Maritimen Sicherheitszentrum (MSZ) in Cuxhaven.
An diesem Freitag will der Bundestag über den Antrag der Koalition beraten und ebenso über einen Antrag von CDU und CSU. Unter den 95 Punkten der Opposition findet sich etwa die Forderung, europäische Förderprogramme zum Bau neuer Schiffe an „verbindliche Wertschöpfungsklauseln oder Klauseln zur Produktion in der EU“ zu koppeln und mit Bürgschaften Großaufträge abzusichern.
Mehr: Lindner spart am Schienennetz der Bahn – Vorstand spricht von „Desaster“
Erstpublikation: 04.07.2023, 18:40 Uhr
Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ist der oft übersehene Drilling der Verkehrswege. Noch. Derzeit laufen ca. 17 Prozent aller Warenverkehre in Deutschland über die Bundeswasserstraßen. Dennoch erhalten sie keineswegs die gleiche Aufmerksamkeit wie die „Geschwister“ Schiene und Straße. Das ist ein Problem für den Wirtschaftsstandort, als auch für die Verkehrswende und damit auch für die Beschäftigten der WSV. Es muss dringend mehr Personal gewonnen und mehr Bundesmittel in die Infrastruktur investiert werden.
Fähre mit streikenden ver.di-Kolleg:innen
© ver.di
WSV Streik Fähre
Mit den 12.500 Kolleg*innen in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes ist diese der größte Beschäftigtenbereich im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Die WSV ist eine dreistufige Verwaltung. Mit über 900 Auszubildenden in 27 technischen und nichttechnischen Berufen ist die WSV die zweitgrößte Ausbildungsverwaltung des Bundes. Die Kolleg*innen der WSV sorgen auf Flüssen und Kanälen, mit einer Gesamtlänge von über 7.000 Kilometern, sowie an der Küste, mit ca. 23.000 Quadratkilometer Seewasserstraßen, für einen reibungslosen Verkehr. Die Infrastruktur umfasst dabei 315 Schleusenanlagen, zwei Schiffshebewerke in Niederfinow und Scharnebeck, zwei Wasserkraftwerke in Eddersheim und in Griesheim, 307 Wehranlagen, 40 Kanalbrücken, 1.300 Straßen- und Eisenbahnbrücken über Bundeswasserstraßen, davon 31 bewegliche Brücken, 354 Düker, zwei Talsperren am Diemelsee und die Edertalsperre, sowie vier Sturmflutsperrwerke an Eider, Leda, Hunte und Oste.
Eine große Masse an Infrastruktur, die neben hunderten Schiffen immer etwas unter dem Radar der öffentlichen Debatte läuft. Im Unterschied zu Bahn und Straße, gibt es nur in der Touristenschifffahrt Menschen, die die Infrastruktur Wasserstraße in ihrer Freizeit nutzen und somit eigene Erfahrungen mit dieser machen. Es ist nicht so offensichtlich, dass die Infrastruktur Wasserstraße in den vergangenen Jahrzehnten genauso vernachlässigt wurde wie Straße und Schiene. Es gibt aber auch hier erhebliche Nachholbedarfe und dringende Bauvorhaben, die für die Verfügbarkeit der Wasserstraße unumgänglich sind. Anders als bei Straße und Schiene, gibt es meist keine alternative Strecke. Das bedeutet, fällt eine Schleuse aus, gibt es einen Stau, der nicht umfahren werden kann. Die Kolleg*innen in der WSV sind deshalb mit ihrem Engagement immer darauf bedacht, die Befahrbarkeit der Wasserstraßen immer zu gewährleisten. Neben der Verfügbarkeit der Bundeswasserstraßen für die Nutzer*innen, hat die WSV noch zahlreiche weitere nicht weniger wichtige Aufgaben, die ihren Charakter als Institution der Daseinsvorsorge unterstreichen. Trink- und Brauchwasserversorgung, Bewässerung, Abwasserentsorgung, den Hochwasserschutz und die Fischerei. Mit den Wasserkraftwerken an den staugeregelten Flüssen werden pro Jahr rund 750 Megawatt Energie erzeugt – das entspricht der Leistung von 125 Onshore-Windrädern. Flüsse sind Lebensadern, die zu schützen und zu bewahren sind. Deshalb fallen die naturschutzfachlichen Aufgaben, die sich u.a. aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ergeben und dem Erreichen eines guten ökologischen Zustands der Gewässer dienen, ebenfalls in den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich der WSV. Passend dazu ist das Motto der WSV: „Mobilität ermöglichen und die Umwelt schützen!“
Die WSV wurde ab dem Jahr 2013 in einer großen Reform von ehemals 39 auf 17 Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter und 8 Neubauämtern zusammengefasst. Sie machen die praktische Arbeit vor Ort. Als erstmals zentrale Mittelbehörde wurde die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) geschaffen. „Diese Reform bewegt die Kolleginnen und Kollegen bis heute und hat mit dem einhergehenden Stellenverlust bei gleichzeitigem Aufgabenzuwachs tiefe Spuren hinterlassen. Die Kolleginnen und Kollegen der WSV stehen wie viele Bereiche des Öffentlichen Dienstes an der Kante zum Abgrund.“, meint der Sprecher der ver.di-Bundesfachkommission Bundesverkehrsverwaltung Detlef Lellmann.
ver.di hat gemeinsam mit dem Bund der deutschen Binnenschiffer, dem Arbeitgeberverband der Binnenschifffahrtsunternehmen, vor einigen Wochen einen Brandbrief veröffentlicht. In diesem werden die drei „Herkulesaufgaben“ beschrieben, vor denen die Beschäftigten der WSV stehen:
1. Ein größer werdender Personalmangel in der WSV
Die Beschäftigten stehen vor der Herausforderung, dass die Personalausstattung nicht mit dem Zuwachs an weiteren Aufgaben Schritt hält. Anstatt die Personalausstattung aufgabenadäquat anzupassen, wurden in der Verwaltung seit 1993 rund 5.500 Stellen abgebaut. Und auch aktuell sieht sich die WSV, kurz vor Abschluss der großen Verwaltungsreform, nun erneut mit einem 1,5 prozentigen Stellenkürzung konfrontiert. „Das führt zu der kuriosen Situation, dass die Bundesregierung in ihren Jahreshaushalten zwar zumindest in einem bescheidenden Ausmaß zweckgebunden neue Stellen zugebilligt hat, in anderen, ebenso wichtigen Aufgabenbereichen der WSV aber deutlich mehr Personal abgebaut werden muss.“, meint ver.di-Vertrauensmann Detlef Lellmann.
Das bedeutet: Aufgrund des langjährigen Stellenabbaus fehlen in der Verwaltung aktuell mehrere Hundert Ingenieur*innen, Jurist*innen und Handwerker*innen unterschiedlicher Gewerke. Das führt dazu, dass es insbesondere im Bereich der Reparatur-, Notfall-, Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen zu unvertretbar langen Realisierungszeiträumen kommt. Die Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst leidet aber darunter, dass keine mit der Privatwirtschaft vergleichbare Vergütungsangebote unterbreitet werden können. In Zeiten des Fachkräftemangels verliert die öffentliche Hand, und damit auch die WSV, hier den Anschluss. Hinzu kommen absurd lange Stellenbesetzungsverfahren, in denen die meisten Bewerber*innen abspringen, bevor es zu einer Vertragsunterzeichnung kommen könnte.
2. Altersstruktur und Zustand der Anlagen
Die Infrastruktur an den Wasserstraßen ist ausweislich des Netzzustandsberichts des Bundes überaltert. Etwa die Hälfte der Wehranlagen und rund 60 Prozent der Schleusenanlagen wurde vor 1950 errichtet, etwa 10 Prozent (Wehre) bis 20 Prozent (Schleusen) sogar vor 1900. Die technische Nutzungsdauer von rund 80 Jahren ist an vielen Anlagen bereits erreicht bzw. überschritten. Das hohe Alter geht mit einem schlechten Zustand der Bauwerke einher: 88 Prozent der Schleusen und 73 Prozent der Wehre sind in einem noch ausreichenden bis bereits mangelhaften Zustand. Es besteht kurzfristiger Handlungsbedarf.
Das bedeutet: Es droht tagtäglich der Zusammenbruch einer für das System relevanten Schleuse oder Wehranlage und damit die Sperrung einer kompletten Wasserstraße – mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen für den Industrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Im Fall des Zusammenbruchs eines Wehrs drohen Überflutungen und es steht regional der Bevölkerungsschutz in Gefahr.
3. Unzureichende Finanzausstattung
Der Bund errechnet einen Finanzbedarf von rund 900 Mio. Euro pro Jahr, um allein nur die jährlichen Substanzverluste zu stoppen. Hinzu kommen weitere rund 250 Mio. Euro für darin noch nicht enthaltene, regelmäßig wiederkehrende Maßnahmen zur Erhaltung der verkehrlichen Infrastruktur. Doch selbst von dieser als Minimalbetrag zu bezeichnenden Finanzausstattung ist die WSV aktuell meilenweit entfernt: Mit den im Jahr 2023 zur Verfügung stehenden Mitteln im Bundeshaushalt kann nicht einmal der Substanzverlust im Wasserstraßennetz gestoppt werden.
Das bedeutet: Der Bund schiebt einen gewaltigen Investitionsstau vor sich her, nachdem die Wasserstraßen über Jahrzehnte „auf Verschleiß“ gefahren wurden und über Jahrzehnte zu wenig Geld für den Erhalt und Ausbau der Flüsse und Kanäle zur Verfügung gestellt wurde.
„In der Gesamtschau muss man feststellen, dass im Bereich der WSV mehr Aufmerksamkeit des Bundes gefordert ist und mit Investitionen in die Kolleg*innen und für die Kolleg*innen, viel für die Umwelt und den Standort Deutschland getan werden kann.“, stellt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Bundesfachbereichsleiterin Christine Behle fest.
Die Gewerkschaft ver.di fordert deshalb
Der Bund muss ausreichend Stellen schaffen und die Zahl der Ausbildungsplätze deutlich erhöhen! Um die Stellen besetzen zu können, muss der Bund als attraktiver Arbeitgeber bessere Gehälter zahlen.
Der drohende Systemkollaps an den Bundeswasserstraßen mit allen ökologischen und ökonomischen Konsequenzen muss verhindert werden. Die Bundesregierung ist verpflichtet, den jahrelangen Substanzverlust sofort zu stoppen und die baulichen Anlagen längs der Flüsse und Kanäle zu sanieren und sie bedarfsgerecht zu erhalten und auszubauen.
Der Bund muss eine angemessen hohe Finanzierung der Wasserstraßeninfrastruktur langfristig sicherstellen! Benötigt wird eine flexible Finanzausstattung von mindestens 2 Milliarden Euro. Nur dann kann die Vielzahl der verkehrlichen und ökologischen Aufgaben der WSV tatsächlich erbracht werden.
Jetzt eintreten
und Mitglied werden!
Startseite Rubriken Binnenschifffahrt Großes Thema: Zukunft der WSV
Damit die Schifffahrt funktioniert, fordert der BDB eine vernünftige Verwaltung und ausreichend Geld, Foto: Timo Jann
Binnenschifffahrt
Großes Thema: Zukunft der WSV
06. März 2023
In Berlin trafen sich auf Einladung der Bundestagsabgeordneten Mathias Stein (SPD), Bernd Reuther (FDP) und Lukas Benner (Grüne) Experten zu einem Fachgespräch, um Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes zu beraten.
Die Abgeordneten hatten im Vorfeld ein Impulspapier übersandt, das bei den mehr als 12.000 Mitarbeitern in der WSV für Rumoren gesorgt hatte. Eine Zerschlagung der WSV sei demnach zwingend erforderlich, um die zukünftige Finanzierung der Wasserstraßen den Schwankungen der jährlich zugeteilten Haushaltsmittel zu entziehen, hieß es darin.
Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) hatte sich im Schulterschluss mit weiteren Verbänden, Schifffahrtsunternehmen und Gewerkschaften gegen dieses Papier gestellt. Die Inhalte seien polemisch, unsubstanziiert und zu wenig durchdacht, so die Kritik.
Was die WSV zur Erfüllung ihrer Aufgaben laut BDB wirklich braucht, hatte man mit Verdi in einem Positionspapier dargelegt – nämlich endlich ausreichende Finanzmittel und mehr Stellen in der Verwaltung, die für mehr als den Erhalt und Ausbau der Flüsse und Kanäle zuständig ist. Die WSV-Reform müsse analysiert und bei Bedarf nachgesteuert werden. Die Privatisierung könne – anders als im Papier dargestellt – lediglich eine Möglichkeit des Vorgehens sein, ruderten die Bundestagsabgeordneten der Ampel-Fraktionen zurück. Zugleich wurde laut BDB „der beschwichtigende Hinweis“ gegeben, dass als ineffizient arbeitende und unmotiviert dargestellte Mitarbeiter nicht kritisiert werden sollten.
Um Finanzfragen ging es in dem Gespräch nicht. Prof. Sanja Korać von der Universität Speyer bot eindeutige Aussagen: „Sämtliche effizienzsteigernde Maßnahmen der Prozessteuerung und des Personalmanagements können auch in öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltungen angewendet werden und setzen keine Ausgliederung oder Privatisierung voraus.“ tja
14-8-22-WSV-Flugblatt–Befragung-2. docx-1
ver.di Bundesverwaltung Ressort 12, Fachbereich 6, verantwortlich: Achim Meerkamp, Bearbeitung: Antje Schumacher-Bergelin, Paula-Thiede-Ufer 10; 10179 Berlin; Tel.:
030/6956-2117;Email: antje.schumacher@verdi.de
I N F O R M A T I O N
Die Idee
Unsere ehrenamtliche Bundesfachkommission mit aktiven Mitgliedern und Personalräten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung aus dem gesamtenBundesgebiet hat bereits im Frühsommer 2014 beschlossen, die im Koalitionsvertrag geforderte Beteiligung der Beschäftigten an der WSV-Reform nicht nur zu fordern, sondern konkret zu ermöglichen.
Starten wollen wir, wie bereits bekannt, mit einer Beschäftigtenbefragung.
Warum eine Befragung?
Durch diese Befragung erhalten wir Informationen über die aktuelle Arbeitssituation der Beschäftigten in Zeiten der Unsicherheit, der Veränderungen, der politischen Entscheidungen zur Reform der WSV. „Befragungen hatten wir schon mehrfach, herausgekommen ist dabei nie etwas“ – das und ähnliches hören wir zurzeit immer wieder.
Diese Befragung ist anders!
Mit dieser Befragung stehen die Beschäftigten im Mittelpunkt. Sie entscheiden, was an ihrer derzeitigen Arbeitssituation gut und schlecht ist. Sie beurteilen Arbeitsklima und Führungskräfte.
Sie sind gefragt, Vorschläge zur weiteren Reform der WSV machen. Das ist eine Chance für alle Beschäftigten, denn ver.di ist an ihren ehrlichen Meinungen und Vorschlägen interessiert.
Was kommt nach der Befragung?
Die Auswertung der Befragung wird konkrete Beispiele nennen, an denen wir weiterarbeiten können.
Personalräte erfahren direkt von den Beschäftigten selbst, welche Maßnahmen sie ergreifen können, wenn Belastungen erkennbar sind.
Die Leitungen erhalten ein klares Bild über die Arbeitszufriedenheit und –unzufriedenheit in ihren Ämtern der WSV und können gemeinsam mit den Interessenvertretungen und den Beschäftigten an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen arbeiten.
Information
für Beschäftigte der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
Ministerium und Präsident der GDWS können erkennen, wie die aktuelle Situation angesichts des fortdauernden Reformprozesses die Beschäftigten belastet und wie sie die Beschäftigten an der Reform beteiligen können.
Und die Beschäftigten? Welche Vorteile haben sie?
Sie haben eine einzigartige Chance in dieser Befragung nicht nur ihre Meinung zu äußern, sondern mitzuarbeiten an der Gestaltung ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Arbeits-bedingungen während des Veränderungs-prozesses, der mit der Reform der WSV bevorsteht. Dafür bietet die Befragung mit dem DIGA ( DGB-Index Gute Arbeit/Reform der WSV ) alle Voraussetzungen.
Datenschutz steht an oberster Stelle!
Der Datenschutz der Einzelnen ist voll umfänglich gesichert. Die Befragung unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Maßgaben. Alle Angaben und Informationen bleiben anonym. Es werden keine personenbezogenen Daten verarbeitet oder genutzt. Rückschlüsse auf Personen aus personenbeziehbaren Daten sind nicht zugelassen und werden nicht ausgeführt. Die Ergebnisse werden ausschließlich in anonymisierter Form dargestellt. Das ist gewährleistet durch das Umfragezentrum (uz) Bonn als externem Institut. Da ver.di diese Befragung in Auftrag gibt und damit ein externes Institut beauftragt, haben weder ver.di noch die Amtsleitung der WSV noch das Ministerium Zugriff auf diese Daten.
Was dabei herauskommt….
Wir werden eine Auswertung erhalten, die sich auf die Ämter mit ihren Außenbereichen, auf die GDWS incl. ihrer Außenstellen sowie die Neubauämter bezieht. Die Ergebnisse der Auswertung werden wir öffentlich machen, allen in Zukunftsworkshops vorstellen und weitere Schritte diskutieren.
Unterstützung ist gefragt!
Wir haben vor kurzem dem Bezirkspersonalrat der WSV unseren Plan zur Beteiligung der Beschäftigten an der WSV-Reform vorgestellt.
Nach angeregter Diskussion und kritischen Nachfragen haben wir eine Unterstützung erfahren, die uns Mut macht.
Wie weiter?
Wir werden auf Vertrauensleute-versammlungen, Personalversammlungen und weiteren Treffen konkret über die Befragung informieren und diskutieren. Wir sind überzeugt, dass auch die Leitungsebenen die Vorteile dieser Befragung erkennen. Die Befragung wird Online durchgeführt. Jede und jeder Beschäftigter soll einen individuellen Zugangscode erhalten. In einigen Bereichen, die keinen online-Zugang haben, werden wir eine schriftliche Befragung ermöglichen.
Dafür brauchen wir Unterstützung!
Alle sind gefragt! Von Dienststellenleitung bis zum Azubi! Alle profitieren – durch Feststellung der Handlungserfordernisse, durch Meinungen und Vorschläge der Beschäftigten zur Reform der WSV. Nutzt diese einmalige Chance!